Hotzenwald

Besaxung
Release: 2012-06-15

Hier kommt Besaxung, und der Name ist in seiner Doppeldeutigkeit ernst gemeint: Besatzung durch Jazz einerseits, andererseits ein exaltierter Sound, der stark durch das Saxophon markiert wird, obwohl das nicht unbedingt solistisch in den Vordergrund drängt. Piano, Kontrabass und Schlagzeug sind vielmehr gleichberechtigt, mischen sich ähnlich effektiv ein.

Besaxung fallen gleich mit der Tür ins Haus. Der CD-Opener „Viskovic“ ist bündig und knackig, und überhaupt das kürzeste Stück des Debüt-Albums „Hotzenwald“: kurze Abschläge, überraschende Breaks – die Band gibt sich hart. Aber das junge Quartett beherrscht auch den lyrischen Ton, selbst wenn der selten von Sanftheit geprägt ist, sich überwiegend durch widerborstige Sperrigkeit auszeichnet. Und das liegt vor allen Dingen an Philipp Gerschlauer, dessen Altsaxophon-Sound trocken und schnörkellos daherkommt, kaum einmal mit Vibrato operiert, stattdessen lieber auf kurze, mokant aneinandergereihte Tonketten setzt, die sich in ihrer Kompromisslosigkeit regelrecht in die Ohren einbrennen. Und wenn Philipp Gerschlauer dann doch gebundene Linien bläst (wie bei „Ich hab’s mal versucht“), zeichnen sich seine Mitstreiter Felix Roßkopf (Piano), Oliver Lutz (Bass) und Thomas Sauerborn (Schlagzeug) durch ähnliche würzige Schärfe aus, die ein wenig an die Cool-Statements der Tristano-Schule erinnert. Eine explosive Kraft, die kaum zu bremsen ist, gibt es bei Besaxung fast durchgängig. Dafür stehen auch die spannungsgeladenen Pausen, mit denen das Quartett gerne operiert.

Den Hotzenwald, der der CD den Titel geliefert hat, gibt es übrigens wirklich, nur liegt er nicht in Hessen, woher die Musiker kommen, sondern im südlichen Schwarzwald. Mit ihren Instrumenten erzeugte knarrende und knackende Waldgeräusche leiten denn auch das Stück „Hotzenwald“ ein, in dem es natürlich auch finstere Räuber gibt (wie das auch CD-Cover einen zeigt), denn: „Im Wald, da sind die Räuber“ lernten wir schon im „Wirtshaus im Spessart“. Neben solchen Soundscapes haben Besaxung aber auch ein Faible für Anleihen aus der Klassik, mal ist es – wie bei „Confused in Spring“ – das Spiel mit impressionistischen Klangfarben und Tongestaltungen, mal ist es ein direktes Zitat wie bei „Der Leiermann“, dem Schlussstück aus Franz Schubert Liederzyklus „Winterreise“, dessen Melodie Besaxung sehr behutsam für ihre Jazz-Ziele bearbeiten und verändern. Auch beim letzten Stück „Feuervogel“ dieser Debüt-CD könnte man auf den Gedanken kommen, dass sich das Quartett einer klassischen Vorlage, nämlich bei Strawinskys gleichnamiger Orchestersuite, bedient hat. Das ist aber nicht der Fall, vielleicht abgesehen von der Idee, den wilden und faszinierenden Flug des Feuervogels musikalisch nachzuzeichnen, woraus bei Besaxung ein ekstatischer spiralförmiger Taumel wird.

Das Quartett Besaxung besteht seit rund fünf Jahren und hat seitdem schon allerhand Preise abgeräumt: 1. Preis bei „Jugend jazzr“ in Hessen 2008, Sieger beim Bundeswettbewerb „Jugend jazzt“ 2009, 2010 Gewinner des Wettbewerbs „Jazz Me“. Die vier jungen Musiker, alle Mitte zwanzig, haben mittlerweile ein Musikhochschulstudium absolviert und spielen neben Besaxung noch in anderen Formationen wie dem BundesJazzOrchester BuJazzO oder dem European Jazz Orchestra.

Philipp Gerschlauer Altsaxophon
Felix Roßkopf Piano
Oliver Lutz Bass
Thomas Sauerborn Schlagzeug

1. Viskovic
2. Kleine Schlangenkunde
3. Ich hab's mal versucht
4. Inspektor Krox
5. Shadow dance
6. Confused in spring
7. Hotzenwald
8. Der Leiermann
9. Feuervogel

„Ich bin immer fasziniert, wenn harmonische und melodische Errungenschaften der Neuen Musik in einen groovenden, swingenden Jazz-Kontext gestellt werden. Nils Wogram hat es vorgemacht: Mikrotonalität ist nicht allein der Avantgarde vorbehalten, sie gewinnt durchaus besondere Faszination im funktionalen harmonischen Kontext, wo sie eine schillernde Vieldeutigkeit und Farbigkeit entfaltet. Philipp Gerschlauer und sein Quartett gehen diesen Weg und noch viele andere mit Abenteuerlust und Experimentierfreude, ohne dabei ihre Wurzeln zu vergessen.

So hat der Jazz eine Zukunft!“

- Hubert Nuss

 

„Wer sich den bescheuert-genialen Bandnamen „Besaxung“ zulegt und dann noch sein erstes Album „Hotzenwald“ nennt, muss mit dem Schlimmsten rechnen. Beispielsweise mit dem im deutschen Jazz geradezu vernichtenden Urteil, Humor zu haben oder total kindisch zu sein.
 Aber weit gefehlt. Abgesehen von der After-Hours-Blues-Persiflage „Ich hab’s mal versucht“ verzichtet das junge Quartett auf dick aufgetragenen Kabarettjazz. Mit subtiler Rotzigkeit dekonstruieren die vier Hessen vielmehr die Klischees des Postbop. Mal legen sie unerwartet lang Pausen ein, mal geben sie sich bewusst vierteltönig verstimmt. 
Sinnbildlich für die aus dem Punk entlehnte Haltung des Quartetts steht das Spiel des Altsaxofonisten Philipp Gerschlauer. Er krakeelt, überbläst und prescht gnadenlos voran, zeigt aber bei allem Übermut eine große Instrumentalkultur. 
In diesem Rahmen bewegt sich auch die Musik der Formation. Während sich bei „Shadow Dance“ Saxofon und gestrichener Bass gegenseitig zu einer migränehaften Klimax treiben und in „Hotzenwald“ knarziges Geräuscheln eine thrillerhafte Stimmung erzeugt, erinnert „Confused in Spring“ an ein kammermusikalisches Kunstlied – ein Eindruck, der durch die respektvolle Version von Franz Schuberts „Leiermann“ noch verstärkt wird.
 So direkt ist das und so frisch, dass man zu dem Schluss kommen muss: Im deutschen Jazz wächst mit Gerschlauer, Pianist Felix Roßkopf, Bassist Oliver Lutz und Schlagzeuger Thomas Sauerborn eine neue starke Besaxungs-Macht heran.“

- Josef Engels, RONDO Magazin

 

„Bündige, knackige Statements, kurze Abschläge, überraschende Breaks und immer wieder ein Hang zum Explosiven – auch wenn es dynamisch zugeht und vieles über weite Strecken lyrisch versunken dahinmäandert – ergeben ein bestechendes Band-Statement, das man von Mittzwanzigern nicht unbedingt erwarten darf. „Besaxung“ ist jedenfalls kein Quartett von Talenten, die sich erstmal im neotraditionalistischen Nachvollzug der Jazzgeschichte verfangen, hier wird auf der Höhe der Zeit serviert.“

- HR2 Kultur

 

„Warm und kalt, exaltiert und lyrisch, abstrakt und melodiös: Die Besaxung durchmisst in ihren Stücken verschiedene Aggregatszustände dessen, was uns trotz allem vertraut wie Jazz in den Ohren klingt. Die vier jungen Deutschen haben es ganz schön drauf, auch wenn sie es nicht immer so brüsk und knackig auf zweieinhalb Minuten bringen wie auf dem Eröffnungsstück „Viskovic“. In den längeren Tracks können sie auch mal langsam brüten oder sich durch zarte Soundscapes bewegen, um solcherart Spannung aufzubauen. Besaxung hört sich vom Klangbild her manchmal an wie ein Pianotrio mit einem exzellenten Saxofonisten, dessen schneidender Sound und intelligente Kapriolen diesem Album den Stempel aufdrücken. Saxofonist Philipp Gerschlauer hat auch die meisten Stücke geschrieben. Er spielt oft nur mit Einwürfen oder kürzeren Licks, spinnt aber auch furiose Linien, um handkehrum auf der Adaption von „Der Leiermann“ (Franz Schubert) geradezu andachtsvoll zu klingen. Die Band vereint vier junge Jazzmusiker, die erst kürzlich ihre Ausbildung abgeschlossen, aber bereits mehrere Preise gewonnen haben, und also drauf und dran sind, sich vom Hotzenwald in die weite Welt aufzumachen.“

- JAZZ ‚N’ MORE Magazin

 

"Die Musik dieses klassisch besetzten Quartetts ist nichts weniger als aufregend, kraftvoll, faszinierend, widerborstig und rasant und schlägt einen weiten Bogen von der Tradition zur Moderne."

"Die imponierende Reife, mit der hier komponiert und improvisiert wird, versetzt einen ein ums andere Mal in blasses Erstaunen."

- JAZZPODIUM Magazin

 

besaxung.com
Berthold Records